Mit den Chauffeuren waren wir 64 Personen, die bei trübem Wetter den Weg nach Abländschen (Saanenland) unter die Räder nahmen. «Wir machen heute eine Fahrt ins Graue!», sagte eine Teilnehmende lachend. Ja, das Lachen und die Freude hat uns an diesem Tag begleitet. Zur Freude gesellte sich im Restaurant Zitbödeli eine ausgeprägte Gamenfreude, denn die exquisite Spargelcremesuppe und die mit frischen Kräutern versetzte, phänomenale Bauernbratwurst vergessen wir nicht so schnell.
Auch wenn das Wetter nicht mitspielte, die Stimmung war bestens. Die Gemeinschaft und das Gefühl der Verbundenheit haben uns an diesem Tag gestärkt. Im Car gab es wie immer eine kleine Geschichte, die hier noch einmal erzählt werden soll:
In die Augen schauen
Es war einmal ein Drittklässler, der mit seinem frechen Verhalten und seinem Ungehorsam Eltern wie Lehrer innert einer Viertelstunde zur Weissglut treiben konnte. Da kam eine neue Lehrerin, und bei der war es plötzlich anders. Ihr gehorchte er aufs Wort. Der Vater stocherte eines schönen Abends in seiner Rösti und schnauzte seinen Buben an: «Du, sag mal, wir haben immer einen Höllenärger mit dir – du gehorchst einen Dreck. Aber in der Schule, da könnest du, scheint es, jetzt plötzlich gehorchen. Warum zuhause nicht!?» Der Bub schaute verlegen zu Boden. Der Vater: «Gib Antwort, wenn man dich fragt!» Da sagt der Bub, und seine Augen waren feucht: «Die Lehrerin ist die Einzige, die mir in die Augen schaut.»
Am Ende eines Gottesdienstes hören wir manchmal die Worte aus dem aaronitischen Segen: «Gott wende sein Angesicht dir zu und lasse leuchten sein Angesicht über dir …» Wer Zuwendung erfährt und in ein freundliches Gesicht schaut, erlebt einen Segen. Was in der Beziehung zu Gott gilt, gilt auch für unser Zusammenleben. Es ist eine menschliche Grunderfahrung, dass wir uns erst dann wirklich als Mensch fühlen, wenn wir angeschaut werden. Wer gesehen wird, hat Ansehen, und wer von niemandem angeschaut wird, kommt sich unansehnlich vor. Unsere Lebensstimmung und unsere Lebenshaltung sind wesentlich davon abhängig, wer uns wie in die Augen schaut. Wer nicht angeschaut wird oder wer – aufgrund von Vorurteilen – grundlos in hasserfüllte Augen schaut, reagiert mit Angst und Abwehr. Einem Menschen in die Augen zu schauen, bedeutet, ihn zu achten, ihn wertzuschätzen. Wenn man mir in die Augen schaut, fühle ich mich geachtet. Wenn aber jemand den Kopf wegdreht, wenn er mir begegnet, fühle ich mich missachtet, verachtet. Wer Zuwendung erfährt und in ein freundliches Gesicht schaut, erlebt einen Segen.
Wir freuen uns schon auf die nächste Reise!
Team «Anlässe für die ältere Generation» und Pfr. Daniel Winkler